Nach dem Urlaub hat mich der Arbeitsalltag schnell wieder eingeholt. Eine Wortsammlung zum Thema Schule im Englischunterricht brachte lustige Ergebnisse: Jesus (der passt zu allem), lazy (träge), talk (reden), play (spielen), sing. Es entsteht der falsche Eindruck wir würden keinen Unterricht machen.
Eine lustige Unterhaltung hatte ich bei einer Freundin beim Abendessen mit einem timoresischen Kollegen der mir erzählte wie er in Australien an den Strand gegangen ist und nicht wusste wo er hinschauen solle, da alle Mädchen fast nackt rumgelaufen sind. Und natürlich kam unweigerlich die Frage, ob die Deutschen das denn auch machen.
Dann haben mein Mitbewohner Fraol und ich uns im Müll verbrennen geübt. Das nächste mal bringe ich den lieber wieder weg. Oder man sollte zumindest die getrocknete Wäsche vorher reinnehmen. Die stinkt sonst nach verbranntem Plastik.
Letzte Woche habe ich dann mal das Risiko auf mich genommen und die Schülerinnen in Zehnergruppen eine nicht allzu einfache Aufgabe bearbeiten lassen. Aber sie haben mich total überrascht, waren weder träge noch haben sie die ganze Zeit erzählt und am Ende wurden mir fast perfekte Ergebnisse in Englisch präsentiert!
Dann allerdings hat es angefangen zu regnen und bis auf 4 sind alle Schülerinnen rausgerannt. Nach der ersten Verwunderung ist mir dann auch in den Sinn gekommen, dass deren Wäsche auch draußen hängt.
Am 2.Mai sind Schülerinnen und Mitarbeiterinnen nach Dili gefahren um in das Museum der Wahrheitskommission zu gehen. Ich bin allerdings in Baucau geblieben, weil meine Mitbewohner am 3. Mai geheiratet haben. Und was es in Timor-Leste noch nicht gibt, sind unter anderem Hochzeitsplaner. Nach und nach kamen unglaublich viele Leute zu uns nach Hause, es war rappeldicke voll. Am Freitag haben wir schon unglaublich viele Salate und Ähnliches vorbereitet, Leute einquartiert, den ganzen Kram zum Schmücken gebastelt, die Kapelle nochmal gestrichen und das Haus geputzt. Geschlafen habe ich eigentlich kaum. Am Samstag musste ich auch schon früh aufstehen, da ich gemeinsam mit Ibrahim, einem sudanesischen Freund, zwei Ziegen geschlachtet habe. Und zwar halal (in etwa das islamische koscher). Also mit Blick nach Mekka, die Ziege festhalten (das war mein Job), ein Gebet sprechen (das habe ich weggelassen) und mit einem scharfen Messer mit Holzgriff in einem Schnitt die Kehle durchtrennen. Dadurch blutet das Tier schnell aus. Um allen empörten Aufschreien zuvor zukommen: Beide Ziegen waren binnen 15 Sekunden tot, haben nicht geschrien und für mich sah es nach einer quallosen Tötung aus.
Danach habe ich die Haut am Hinterbein angeschnitten und Ibrahim hat Luft zwischen die Haut und das Fleisch geblasen, damit das Fell gut abgezogen werden konnte. Dann noch zerteilen (die Innereien haben unsere Nachbarn fürs Messerschärfen bekommen) und marinieren. Danach ging es weiter mit der restlichen Vorbereitung. Im Haus das ganze Essen und am Strand wo die Feier stattfand das Zelt und alles weitere.
Die Trauung fand im Freien statt, mit Blick über ganz Baucau, bei Sonnenuntergang. Sehr, sehr schön. Das Beste allerdings war, dass unsere Nachbarn darauf bestanden haben, dass ich bei ihnen sitze.
Danach hat es nur leider viel zu lange gedauert bis alle bei Strand waren. Und dann kam das größte Problem: die Leute die das Fleisch grillen sollten kamen nicht, beziehungsweise waren nicht gekommen. Und der Reis auch nicht. Sprich, auf einer Feier in Timor fehlten die beiden wichtigsten Dinge: Fleisch und Reis.
Auch mit der Musikanlage gab es ein wenig Stress, im Endeffekt hat sie aber funktioniert.
Nachdem erstmal also alles schiefgegangen ist, wurde es später eine schöne Feier.
Mit Feuerwerk. Die Oma unserer Nachbarn hat allerdings eine Riesenangst bekommen.
Und eine Hochzeit die drei Kulturen (die westliche (Australien), die äthiopische und die timoresische) involviert hat eine Menge Eskalationspotenzial. Aber alles ist gut gegangen.
Am Sonntag wurde dann wieder aufgeräumt, ein wenig Schlaf nachgeholt (ich könnte mich immer noch hinlegen und tagelang schlafen) und die meisten Leute sind wieder abgereist (außer Saras Familie, die bleiben noch ein wenig). Am Abend hatten wir noch eine „After-Show-Party“ mit ganz viel Fisch (ich durfte das Entschuppen und Ausnehmen noch mal üben – an 14 Fischen!).
Fazit der ganzen Hochzeitsangelegenheit ist, dass es sehr lehrreich war die ganze Zeit bei der Organisation und Vorbereitung dabei zu sein (von der Verlobung bis zum Abbau und darüber hinaus), viel Spaß gemacht hat, aber auch tierisch anstrengend war. Ich werde definitiv keine große Hochzeit in einem Land wie Timor feiern.
Meine Zeit hier neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu, am Samstag waren es noch genau 5 Wochen. Ich versuche diesen Umstand aber zu ignorieren und meine Zeit hier zu genießen (was mir wahrlich nicht schwer fällt!).
Liebe Grüße aus Baucau,
Lin